Raus aus der Phrasenhölle!

19.06.25 | Schreibtipps

Ob in der Politik, in Imagebroschüren oder auf Unternehmenswebsites – manche Sätze klingen nach Haltung, Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein. Doch bei genauerem Hinhören entpuppen sie sich als heiße Luft im Business-Anzug. Sprachliche Blendgranaten, die Eindruck schinden sollen – aber meist genau das vermeiden, worauf es ankommt: Klartext.

Hier sind zehn Dauerbrenner, die wir getrost hinterfragen dürfen – inklusive konkreter Alternativen.

1. „Wir übernehmen Verantwortung“

Warum problematisch:

Ein Klassiker der folgenlosen Versprechen. Klingt groß, sagt aber nichts. Für was genau? Mit welchen Konsequenzen?

Besser so:

„Wir stehen für die Folgen von … ein.“

„Wir übernehmen die Verantwortung für … und ziehen folgende Maßnahmen daraus.“

2. „Wir leisten einen Beitrag zu …“

Warum problematisch:

Könnte alles bedeuten – von einem Spenden-Euro bis zu einer halbgaren Pressemitteilung. Und meist bleibt es auch dabei.

Besser so:

„Wir unterstützen [Projekt XY] durch [konkrete Maßnahme].“

„Unser Beitrag: [Zahl, Wirkung, Handlung].“

3. „… ist Teil unserer DNA“

Warum problematisch:

Dem Biologen stellen sich die Nackenhaare auf. Und inhaltlich: eine bequeme Ausrede, um nichts erklären zu müssen.

Besser so:

„… gehört fest zu unserem Selbstverständnis.“

„… prägt unsere tägliche Arbeit.“

4. „Wir gestalten aktiv den Wandel“

Warum problematisch:

Große Worte für kleine Schritte. Meistens heißt es: Wir laufen dem Wandel hinterher – aber mit Haltung!

Besser so:

„Wir führen XY ein, um Z zu verbessern.“

„Konkret heißt das für uns: …“

5. „Zukunftsfähige Lösungen entwickeln“

Warum problematisch:

Buzzword-Bingo in Reinform. Welche Lösungen? Welche Zukunft? Wer soll das verstehen?

Besser so:

„Unsere Lösung: [konkret]. Sie ist auf langfristige Wirkung ausgelegt, weil …“

„Wir entwickeln XY, das auch in zehn Jahren tragfähig bleibt.“

6. „Wir setzen auf Transparenz und Dialog“

Warum problematisch:

Die Lieblingsphrase aller, die lieber nicht zu viel sagen wollen. Klingt ehrlich – ist aber selten überprüfbar.

Besser so:

„Wir veröffentlichen unsere Ergebnisse in …“

„Wir laden regelmäßig zum Austausch mit … ein.“

7. „Im Einklang mit gesellschaftlichen Erwartungen“

Warum problematisch:

Wer hat diese Erwartungen definiert? Und seit wann hört man da wirklich zu?

Besser so:

„Wir orientieren uns an den Bedürfnissen unserer Kund*innen und Partner – zum Beispiel durch …“

„Konkret bedeutet das für uns: …“

8. „Wir stärken unsere Position als verantwortungsvolles Unternehmen“

Warum problematisch:

Ein PR-Spiegel, in den man sich selbst bewundert. Der Beweis fehlt.

Besser so:

„Wir senken unsere CO₂-Emissionen um … % bis …“

„Wir haben folgende Maßnahmen ergriffen: …“

9. „Ganzheitlicher Ansatz“

Warum problematisch:

Klingt nach Tiefe, ist aber meist inhaltsleeres Deko. Was gehört alles dazu? Was bleibt außen vor?

Besser so:

„Wir betrachten ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte gemeinsam. Das heißt konkret: …“

„Unser Ansatz verbindet XY mit Z – und berücksichtigt …“

10. „Wichtiger Meilenstein auf unserem Weg“

Warum problematisch:

Inflationärer Gebrauch hat’s ruiniert. Selbst eine neue Kaffeeküche wird als „Meilenstein“ verkauft.

Besser so:

„Mit dieser Entscheidung erreichen wir …“

„Ein konkreter Fortschritt ist …“

Fazit

Phrasen klingen souverän – solange niemand nachfragt. Doch in einer Zeit, in der Vertrauen zählt, überzeugt nicht das Blabla, sondern der Beleg. Wer ernst genommen werden will, sollte konkret sagen, was er meint – und nicht hoffen, dass ein Buzzword schon irgendwie reicht.

Der Autor

Ulf Schumann

ist seit 2014 selbstständiger Lektor mit Sitz in Berlin. Er arbeitet für renommierte Agenturen, Verlage und Privatpersonen – mit einem klaren Ziel: Texte besser machen. Ob Manuskript, Magazin oder Website – er gibt Sprache den letzten Feinschliff, bis Stil, Ton und Rhythmus stimmen.

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