Es ist eine Grundregel der Grammatik: Subjekt und Prädikat müssen kongruent sein.
Der Autofahrer steht täglich im Stau.
Die Autofahrer stehen täglich im Stau.
So weit, so gut. Was ist aber, wenn es nicht klar ist, ob das Subjekt im Plural oder im Singular steht?
Ein Drittel der Autofahrer steht täglich im Stau.
Ein Drittel der Autofahrer stehen täglich im Stau.
Ein Drittel ist Singular, Autofahrer Plural und beide zusammen bilden das Subjekt. Was ist also richtig? Sprachpuristen würden hier sagen, dass sich das Prädikat nach der Mengenangabe richten muss, aber der Duden lässt tatsächlich beide Möglichkeiten zu.
Und wenn die Mengenangabe ergänzt wird mit Zuschreibungen wie „mehr“ oder „weniger“? „Mehr als ein Drittel“ ist grammatikalisch immer noch Singular, ebenso natürlich „weniger als die Hälfte“.
Also: Mehr als ein Drittel der Autofahrer steht täglich im Stau.
Und auch möglich nach Duden:
Mehr als die Hälfte der Autofahrer stehen im Stau.
Unbestimmte Mengenangaben
Unbestimmte Mengenangaben sind Begriffe wie „Menge“, „Handvoll“, „Fülle“, „Reihe“, „Haufen“ oder „Zahl“, die jeweils im Singular stehen.
Eine Handvoll Autofahrer steht täglich im Stau.
Eine Handvoll Autofahrer stehen täglich im Stau.
Auch hier ist grundsätzlich beides möglich, der Duden empfiehlt aber den Singular. Ich rate auch dazu, die 1. Variante zu nehmen, damit liegst du auf jeden Fall richtig, und sie klingt auch besser. So auch hier:
Eine große Zahl Autofahrer steht im Stau.Eine große Zahl Autofahrer stehen im Stau.
… nee, klingt nicht doll!
Prozentangaben
Bei Prozentzahlen hast du nicht so viele Wahlmöglichkeiten, hier musst du dich in der Regel nach der Mengenangabe richten. Also steht alles über 1 % im Plural.
1 % der Autofahrer ärgert sich.
2 % der Autofahrer fahren bei Rot über die Ampel.
Wenn der Prozentsatz kleiner als 1 ist, greift übrigens auch der Plural:
0,5 % der Autofahrer hupen an der Ampel.
Es gibt aber auch den Fall, dass der zweite Teil des Subjekts im Singular Nominativ steht, so zum Beispiel hier:
10 % Gehaltserhöhung reichen mir nicht.
Hier erlaubt der Duden, dass auch das Prädikat im Singular steht:
10 % Gehaltserhöhung reicht mir nicht.
Geldbeträge
Bei Geldbeträgen musst du bei allem größer als 1 den Plural nehmen:
1 Euro reicht mir nicht.
500 Euro reichen mir gerade so.
Falsch ist dagegen:
500 Euro reicht mir.
Allerdings gilt das nicht bei 1 Million (und 1 Milliarde, 1 Fantastillion usw.), die wieder Singular sein kann, aber auch der Plural wäre hier korrekt.
1 Million Euro reicht mir zum Leben.
1 Million Euro reichen mir zum Leben.
Und bitte nicht „1 Millionen“, wie es sehr häufig zu finden ist!
Fazit: In den allermeisten Fällen solltest du dich nach der Mengenangabe richten und das Prädikat dazu in Kongruenz setzen.
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Eine Frage: Im folgenden Satz scheint es zwei Subjekte zu geben, dennoch scheint das Prädikat (“wird”) im Singular korrekt:
“Die Vertraulichkeit und Sicherheit meiner Daten wird im Einklang mit den geltenden Gesetzen gewährleistet.”
Warum ist das so?
Hallo Oliver,
Vertraulichkeit und Sicherheit bilden hier eine Einheit, da nur ein Artikel genutzt wird, daher steht auch das Verb im Singular. Würde der Satz eingeleitet mit “Die Vertraulichkeit und die Sicherheit meiner Daten …” gäbe es keine Einheit mehr und somit müsste auch das Verb im Plural stehen: “… werden im Einklang …”.
Viele Grüße
Ulf Schumann
Eine gute Seite mit gut verständlichen Beispielen und Erklärungen. Eine Anregung bzw. Ergänzung des Themas “Plural – Singular” hätte ich noch, zugleich eine Frage, die ich mir bei einer schulischen Facharbeit selbst gestellt habe und bei der ich unsicher bin und auf Ihrer Seite keine Antwort hierauf gefunden (ober überlesen) habe: Allgemein beschrieben: Wenn ein Satz 2 selbständige Passivaussagen enthält, die jedoch gemeinsam nur 1 einziges Hilfsverb “werden”/”wird” verwenden, heißt es dann “werden” (also Plural) oder “wird” (Singular). Ein Beispiel: “Am 8. Mai 1945 wurde(n) der Erste Weltkrieg beendet und die seither längste Friedensperiode in Europa eingeläutet”. Heißt es hier also “wurde” oder “wurden” – oder sind beide Varianten richtig? Ein denkbarer Lösungsansatz wäre: Man könnte die gereihten Satzaussagen wie gereihte Substantive behandeln (“Peter und Susi gehen in die Stadt”), also: 2 Satzaussagen, verbunden mit “und”, verlangen den Plural, also “wurden”. Das Gegenbeispiel: “Am 8. Mai 1945 wurde – je nach Sichtweise – Deutschlands Niederlage besiegelt oder Deutschlands Befreiung von der NS-Diktatur vollendet”; 2 Satzaussagen, verbunden mit “oder” – also Singular “wurde”; analog zu “Peter oder Susi geht in die Stadt”). Der Plural “wurden” kann allerdings beim Lesen irritieren, vor allem dann, wenn die erste der mehreren Satzaussagen recht lange ist und es “lange dauert”, bis der Leser merkt, dass noch eine weitere Aussage folgt, die sich gleichfalls des Hilfsverbs “werden” bedient. Vielen Dank und alles Gute und viel Erfolg bei der Sprachpflege.
Hallo Herr Demling,
vielen Dank für die Frage.
Richtig ist der Satz so: „Am 8. Mai 1945 wurde der Erste Weltkrieg beendet und die seither längste Friedensperiode in Europa eingeläutet.“ (Es ist der Zweite Weltkrieg, aber darum geht es hier ja nicht.)
Es handelt sich um 2 Sätze mit 2 Subjekten und 2 Prädikaten. Der 2. Satz ist elliptisch und wiederholt das Hilfsverb „wurde“ lediglich nicht, lässt es also aus. Der vollständige Satz ohne Ellipse würde so lauten: „Am 8. Mai 1945 wurde der Erste Weltkrieg beendet und die seither längste Friedensperiode in Europa wurde eingeläutet.“ Das Hilfsverb mutiert also nicht einfach in den Plural, nur weil es einmal ausgelassen wird.
Viele Grüße
Ulf Schumann
Vielen Dank, Herr Schumann, für Ihre Nachsicht mit meinem blöden Schreibversehen “Erster Weltkrieg”. Und Danke vor allem für die einleuchtende Erkärung des Singulars, der tatsächlich gefälliger zu lesen ist. Die Konstruktion eines “elliptischen” Satzes mit dem Weglassen eines im vorherigen Satz verwendeten und gewissermaßen auch für den Folgesatz “fortgeltenden” Verbs kannte ich bisher nicht. Aber sie überzeugt mich.
Hallo Herr Demling, schön, dass wir das klären konnten. Ich habe das ganze Thema auch noch einmal in einem neuen Blog-Beitrag abgehandelt, vielleicht schauen Sie da auch mal rein. Viele Grüße, Ulf Schumann